20 Nov. Du musst nicht erfolgreich sein
- Ein Plädoyer für ein entspannteres Leben –
Meine liebsten Strategien gegen Leistungsdruck
Bist du auch maximal genervt von diesem ganzen Erfolgsgesülze?
Überall springt es mich ungebeten an: in den sozialen Medien besonders. Dieses aufdringliche Gerede über ein „Erfolgsmindset“ oder die „besten Erfolgsrezepte“ und wie man dies und das ganz spielend einfach erreicht – am besten noch ein Versprechen von utopischen Einkommen in kürzester Zeit ohne viel Aufwand dazu garniert, schon ist ein Verkaufsschlager geboren …
Es liegt vielleicht an meiner Bubble oder ich bin mal falsch im Internet abgebogen, oder diese selbsternannten Erfolgs-Coaches sind einfach überall und vermehren sich stetig. Wenn man ihren Geschichten und Versprechen glaubt, auch sehr erfolgreich. Ich vermute fast leider nicht für ihre Kunden und Kundinnen. Offenbar fallen solche Angebote aber trotzdem auf fruchtbaren Boden.
Warum das so ist, was uns daran schaden kann und wie du aus dem Karussell aussteigst, möchte ich in diesem Artikel betrachten.
Zunächst vielleicht ein paar Überlegungen zur Definition von Erfolg:
Erfolg ist subjektiv.
Das muss also nicht das vermeintlich kollektiv erstrebenswerte und erreichte Ziel, ein bestimmtes Lebensmodel oder der Besitz eines Konsumgutes sein, was uns als erfolgreich definiert.
Laut Duden ist Erfolg ein „positives Ergebnis einer Bemühung; Eintreten einer beabsichtigten, erstrebten Wirkung“
Es geht also um eine Absicht – also meine eigene Absicht, mein persönliches Ziel. Ergo ist Erfolg z.B. auch, wenn ich mir vornehme einfach nichts zu tun und dies konsequent umsetzte!

Das Problem daran ist leider, dass wir häufig gar nicht mehr wissen, was wir selbst tatsächlich – tief in unserem Inneren – eigentlich wirklich wollen.
Unsere Lebensentwürfe und Wünsche sind häufig überformt von Vorstellungen aus der Kindheit, die uns die Familie oder Gesellschaft vorgelebt oder „eingetrichtert“ hat.
Wir sind trotz allen Individualismus Herdentiere und orientieren uns an einer Bezugsgruppe: Was Andere, mir ähnliche Menschen für erstrebenswert halten, kann nicht so falsch sein. Wir möchten ja auch dazu gehören und übernehmen so die vermeintlich erstrebenswerten Ziele der vorherrschenden Gemeinschaft.
So eine soziale Wirkung war offenbar evolutionär ein Erfolgsmodell, hat uns in der modernen Konsumgesellschaft aber schon einige Probleme eingebracht.
Immer mehr, schneller und weiter ist ein Credo, welches nicht nur zur massiven Umweltzerstörung, sondern auch immer mehr zu psychischem Stress führt.
Dauerstress als Krankheitsursache
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, schon in der frühen Schulzeit geht es los. Tatsächlich leidet schon jedes zweite Kind unter Schulstress. Das zieht sich durch Studium und Ausbildung bis ins Erwerbsleben weiter durch.
Die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen nehmen stetig zu. Auch werden durch chronischen Stress viele weitere Erkrankungen begünstigt. Von Kopfschmerzen, Verspannungen oder Verdauungsbeschwerden und Hautproblemen bis hin zu ernsthaften stressbedingten Krankheiten reichen die negativen Auswirkungen von Dauerstress.
Was können wir nun dagegen tun?
Auf der einen Seite können wir Strategien anwenden, um den Stress abzubauen und mehr Entspannung zu finden und zu regenerieren. Sozusagen „End-of-Pipe“ Lösungen. Das sind Ansätze, die sich mit den Stress-Auswirkungen und der Linderung von Symptomen befassen. Das soll gar nicht negativ gemeint sein, diese Methoden sind wichtig und hilfreich, um dem Dauerstress Entspannungsimpulse entgegenzusetzten:
* Kurzentspannungsmethoden:
Tiefe Bauchatmung (und andere beruhigende Atemübungen). Setze dich ruhig hin. Schließe die Augen und spüre einen Augenblick die Atmung. Wo nimmst du sie wahr? In der Brust? Im Bauch? Dann lege deine Hände auf den Bauch und lasse ihn ganz weich werden. Atme dort hinein für ein paar Augenblicke. Verlängere den Ausatem bewusst oder lasse sogar ein entspannendes Seufzen zu.

* Mentale Kurzentspannung:
halte einen Moment inne und beobachte deine Gedanken in diesem Augenblick. Du musst nichts verändern, nur zuschauen. Aber auch nicht reagieren oder einen Gedanken weiterverfolgen. Versuche beim Beobachten zu bleiben, wie ein stiller Zeuge. (Sakshi Bhava – Technik)
Durch solche einfachen Übungen lösen wir den Teufelskreis anhaltender Anspannung. Stressige Phasen sind ganz normal im Leben aber nur wenn wir uns Zeit für Regeneration erlauben, können Stresshormone wieder abgebaut werden und der Körper sich mit neuer Energie aufladen. So können wir langfristig gesünder bleiben.
Diese Techniken sollten durch regelmäßige Tiefenentspannung ergänzt werden. Zum Beispiel in Form von Yoga-Tiefenentspannungsmethoden. Diese werden in meinen Yogakursen immer angewendet.
Des Übels Wurzel anpacken.
Eine etwas tiefer greifende Strategie wäre es, die Glaubenssätze, also die „vermeintlichen“ Erfolgskriterien zu hinterfragen, die vielleicht Ursachen unseres inneren Drucks und Stressauslöser sind.
Jede:r hat in seinem Inneren mehrere Stimmen, die unterschiedliche Ziele verfolgen und auch verschiedene Hinweise geben. Einige sind bei manchen Menschen besonders laut, andere sind klein und leise. Vielleicht kennst du das auch, wenn der innere Antreiber aktiv wird und dich mit schlechtem Gewissen straft, weil du auf etwas keine Lust hattest. Oder auch der innere „Schweinehund“ der das Gegenteil möchte und uns aufs Sofa zieht.
Als wären diese inneren Stimmen nicht genug, neigen wir dazu uns zu vergleichen. Gerade in unserer vernetzen Welt und dank des Internets meinen wir zu wissen, wie andere ihre Leben viel erfolgreicher meistern als wir. Das macht uns weiter Druck.
In drei Schritten kannst du dich davon lösen:
1. Bewusstheit:
mache dir zunächst klar, dass es diese inneren Stimmen gibt, dass sie normal sind und auch einen Sinn erfüllen. Auch dass wir uns vergleichen und uns an anderen orientieren, macht (jedenfalls evolutionär) einen Sinn. Nur wenn wir lernen, diese Einflüsse wahrzunehmen, können wir im nächsten Schritt versuchen dahinter zu blicken.
– Du kannst dazu z.B. Mediationstechniken vertiefen, wie die oben angesprochene Beobachterrolle. Starte mit wenigen Minuten täglich und steigere die Zeit. Es ist wichtiger regelmäßig zu meditieren als einmal besonders lang.
– Du kannst auch andere mentale Übungen machen wie Tagebuch schreiben und über deine Gedanken und Werte reflektieren oder eine innere „Konferenz der Stimmen“ abhalten, um dir über die Einflüsse von Glaubenssätzen klar zu werden.

2. Loslassen:
wenn wir uns darüber klar und bewusst werden, dass einige der Ziele, die uns in Stress versetzten gar nicht unsere sind, können wir üben sie loszulassen. Das ist simpel gedacht aber nicht so leicht. Tiefe Überzeugungen sind uns in Jahren und Jahrzenten in Fleisch und Blut übergegangen. Aber wenn wir spüren, dass es uns krank macht und vor allem unglücklich, können wir vielleicht Motivation für Veränderung schöpfen.
– Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, aber Meditation kann hier ebenfalls ein hilfreiches Tool sein. Es gibt spezielle Meditationstechniken, um Loslassen zu üben. Du kannst dich bewusst auf das Hier & Jetzt konzentrieren. Ganz in diesem Moment zu verweilen, hilft den Stress, den wir uns rein gedanklich über die Zukunft machen, abzustreifen.
– Du kannst auf der körperlichen Ebene anfangen. Körper, Geist und Seele sind enger verknüpft, als du vielleicht denkst. Wenn wir emotional anspannen, überträgt es sich auf den Körper. Bei Stress verspannen wir automatisch Muskeln und auch der Blutdruck wird beeinflusst. So kannst du auch durch körperliche Entspannungsmethoden besser geistig loslassen.
3. Neuausrichtung:
Auf den Top 3 der Dinge, die Sterbende bereuen sind die Erkenntnis nicht seine eigenen Werte, seine Träume und seine Überzeugungen gelebt zu haben. Gefolgt von zu viel Arbeit, Zwischenmenschliches und Gesundheit. Wenn wir uns unser Leben heute ansehen, wie viel Wert legen wir auf diese Aspekte wirklich? Wie oft tun wir Dinge und vernachlässigen andere, weil man es so macht? Oder weil wir glauben, es ginge nicht anders. Ich kann dir sagen: es geht immer anders. Wenn du es willst, wirst du Wege finden. Warte nicht zu lange.
– Schritt für Schritt. Auch wenn es dir unmöglich erscheint, deine jetzige Situation zu verändern, schaue dir genau an, was könnte der erste/ nächste Schritt sein? Aus Angst und Vorstellungen von einer ungewissen Zukunft lassen wir vieles lieber gleich sein und machen es uns bequem, auch wenn die Situation uns nicht glücklich macht. Mache den ersten Schritt, dann schau weiter. Ziele dürfen sich ändern, Wege werden sich auftun, wenn du vertraust.
– Ausdauer: bleib dran, auch wenn es Auf´s und Ab´s geben wird. Hol dir Unterstützung. Du bist selten allein, andere sind vor dir neue Wege gegangen und können hilfreiche Wegweiser sein. Vielleicht gibt es Verbündete oder Unterstützung in anderer Form. Damit meine ich nicht die Erfolgs-Coaches, die dir „unmögliches“ von Himmel herunter versprechen. Es gibt keine Abkürzungen und deine neuen Wege kannst nur du selbst gehen – wer behauptet, es dir abzunehmen, will dir Träume verkaufen.
Wenn du zu meinen Kursen, Workshops und Angeboten informiert bleiben magst, melde dich zum Newsletter an:
Fazit
Es ist nichts falsch daran erfolgreich zu sein und es sein zu wollen. Nur beachte deine Ziele. Entsprechen sie wirklich deinen Werten? Löst es Stress aus, der im schlechtesten Fall chronisch wird und deine Gesundheit ruiniert? Gehe entspannter durch das Leben, nutze bewusst Entspannungsphasen, um zu regenerieren. Menschen bereuen selten zu wenig gearbeitet zu haben.
Wir brauchen in unserer Welt vor allem weniger Erfolgreiche, die auf Kosten unserer Mitwelt und menschlichen Gesundheit – der eigenen und der von anderen – zustande kommen. Wir brauchen neue, inspirierende Erfolgsgeschichten!